Harmonisierung der Prozesse im Fokus
Seit dem 1. Januar 2023 treten die beiden bisher unabhängigen Psychiatrieverbunde Psychiatrie St.Gallen Nord und Psychiatrie-Dienste Süd als ein Unternehmen auf: die Psychiatrie St.Gallen (PSG). Die 1300 Mitarbeitenden stehen an neun Standorten über den ganzen Kanton St.Gallen verteilt im Einsatz und bilden gemeinsam ein engmaschiges Versorgungsnetz.
Mit neu zusammengesetzter Geschäftsleitung, neuer Organisationsstruktur, neuem Corporate Design und grosser Motivation sind wir ins Geschäftsjahr 2023 gestartet. Dieses war geprägt von intensiver Arbeit und einer Vielzahl von Herausforderungen. Es ist uns gelungen, unser Kerngeschäft nahtlos weiterzuführen und die psychiatrische Versorgung der St.Galler Bevölkerung in gewohnt hoher Qualität zu gewährleisten.
Prozesse und Strukturen harmonisiert
Die neue Organisationsstruktur hat eine Anpassung der Führungsgefässe und insbesondere der fachübergreifenden Gremien über alle neun Standorte hinweg erforderlich gemacht. Damit wurde auch die Voraussetzung geschaffen, um gemeinsam an einheitlichen Behandlungsstandards und deren Weiterentwicklung zu arbeiten. Im Fokus stand demzufolge die Harmonisierung der Prozesse. Prozessoptimierungen wurden beispielsweise im Bettenmanagement zugunsten einer verbesserten Triage erzielt. Die zur Verfügung stehenden stationären Angebote konnten optimaler ausgelastet und die Ressourcen besser genutzt werden. Die Prozesse weiter zu optimieren wird auch im Jahr 2024 ein zentrales Thema sein. Auf Führungsebene wurde mit dem obersten Kader am gemeinsamen Verständnis gearbeitet und die Zusammenarbeit über die Standorte hinweg weiterentwickelt.
Die operative Umsetzung der neuen Organisation hat stattgefunden. Das Vorhaben, gemeinsam in die Zukunft zu gehen, ist gelungen. Bezugnehmend auf das Zitat von Ernst Ferstl können wir festhalten, dass mit der formellen Integration die erste Ziellinie erreicht wurde – im Wissen, dass dies erst die Startlinie für die Weiterentwicklung der Behandlungsangebote und die Zusammenführung der Betriebskulturen ist. Diesbezüglich steht den Teams noch viel Arbeit bevor. Der dafür notwendige Elan, gemeinsam weiterzukommen und etwas weiterzuentwickeln, ist spürbar.
Positives finanzielles Ergebnis trotz erschwerter Bedingungen
Das Geschäftsjahr 2023 war aufgrund nachlaufender Integrationsarbeiten, zunehmenden Fachkräftemangels sowie inflationsbedingten Kostenwachstums bei konstanten Tarifen sehr herausfordernd. Dank leichtem Umsatzwachstum konnte trotz signifikanten Preissteigerungen beim Energie- und Wareneinkauf und Teuerungsausgleich bei den Mitarbeitendenlöhnen ein Gewinn über CHF 2.4 Mio. erzielt werden. Insgesamt konnten die Erträge gegenüber dem Vorjahr um 1.2% gesteigert werden, was vor allem auf die stationäre und tagesklinische Versorgung zurückzuführen ist.
Stark nachgefragte Behandlungsangebote
Die stationäre Behandlung in Wil, Pfäfers und St.Gallen zählte 134 852 Pflegetage und lag mit 3646 Tagen über dem Vorjahr. Die 32 967 Bewohnertage im Wohnheim Eggfeld lagen aufgrund einer Bettenreduktion hinsichtlich des Umzugs in das geplante Provisorium um 477 Tage unter dem Vorjahr. Die tagesklinische Versorgung lag mit 6134 Tagen deutlich über dem Vorjahr, der Umsatz wurde hier signifikant um 7.6% gesteigert. Einzig die ambulanten Erträge lagen deutlich unter den Erwartungen und 2.3% unter dem Vorjahr. Hier zeigte sich klar, dass sich die Fluktuation und der Fachkräftemangel direkt auf die Ertragssituation auswirkten. Negativen Einfluss auf das Ergebnis hatte zudem die Reduktion der Kantonsbeiträge bei den psychologischen Leistungen.
In Aus- und Weiterbildungen investiert
Das Thema Fachkräftemangel wurde im Jahr 2023 erneut als wichtiges Schwerpunktthema deklariert. Auch in Zukunft über ausreichende Personalressourcen zu verfügen, stellt eine grosse Herausforderung dar. Gezielte Massnahmen gegen den Fachkräftemangel wurden definiert und zum Teil bereits umgesetzt. Investitionen flossen in die Aus- und Weiterbildung der aktuellen und potenziellen Mitarbeitenden bzw. in die Bereiche «Pflege, Therapien und Soziale Arbeit» wie auch «Medizin und Psychologie». Da die Ausbildungslöhne unserer HF-Pflege-Studierenden und der Lernenden EFZ/EBA im Vergleich mit den Mitbewerbenden nicht mehr konkurrenzfähig waren und die Umsetzung der Pflegeinitiative weniger schnell vorangeht als erhofft, wurden die Löhne unabhängig davon erhöht. Um weiterhin gute, engagierte Lernende zu gewinnen und die PSG als Arbeitgeberin und insbesondere als Ausbildungsbetrieb noch prominenter zu positionieren, wurde die Kampagne «e Lehr fürs Läbe» – inklusive Messestand an der OBA St.Gallen – etabliert. Auch in diesem Berichtsjahr speziell zu erwähnen ist das grosse Engagement unserer ärztlichen Mitarbeitenden in der Ausbildung des psychiatrischen Nachwuchses im Rahmen des Joint Medical Master der Universität St.Gallen in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich.
Kooperationen und Netzwerke gepflegt
Die Bestrebungen der PSG für ein engmaschiges Versorgungsnetz im Kanton und darüber hinaus waren erfolgreich. Ein gutes, funktionierendes Netzwerk wie auch Kooperationen mit anderen Institutionen sind unverzichtbar. Mehr noch, wir schätzen die bereichernde Zusammenarbeit. Entsprechend der politischen Absicht der Kantone St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden soll in der Gesundheitsversorgung vermehrt zusammengearbeitet werden. Unter diesem Aspekt soll es der Bevölkerung in diesen Kantonen über die stationäre Versorgung hinaus möglich sein, ambulante Leistungen der PSG in Anspruch zu nehmen. Erste Schritte in diese Richtung wurden unternommen und die entsprechenden Verträge sollten demnächst abgeschlossen werden können. Auch mit dem Spital Walenstadt bzw. mit seinem neuen Besitzer besteht die Kooperation weiter. In den Bereichen Infektiologie/Spitalhygiene werden die PSG und das Kantonsspital St.Gallen Synergien nutzen und noch intensiver mit dem Ostschweizer Kompetenzzentrum für Infektiologie zusammenarbeiten. Weiter hat die PSG seit vielen Jahren Leistungsverträge für die Behandlung von Patientinnen und Patienten aus dem Fürstentum Liechtenstein (FL). Aufgrund der Anpassung vom Anordnungs- zum Delegationsmodell für die Psychologinnen und Psychologen wird die bestehende Vereinbarung angepasst.
Investitionen in die Infrastruktur
In Pfäfers wie auch in Wil besteht dringender Handlungs- und Investitionsbedarf, um auch künftig eine zeitgemässe psychiatrische Versorgung gewährleisten und attraktive Arbeitsplätze anbieten zu können. Die entsprechenden Arealstrategien für Wil und Pfäfers wurden deshalb in Zusammenarbeit mit dem Kanton weiterentwickelt. In einem nächsten Schritt werden die Inhalte für die Botschaft zuhanden der Regierung erarbeitet. Um die zwischenzeitliche Funktions- und Betriebssicherung des Hauptgebäudes A1 in Pfäfers und des Wohnheims Eggfeld in Wil sicherzustellen, hat die Regierung des Kantons St.Gallen zwei Sonderkredite gesprochen: CHF 6.5 Mio. für das Gebäude A1 und CHF 8.1 Mio. für die Erstellung eines Provisoriums für das Wohnheim Eggfeld. Dank des Sonderkredits kann in Pfäfers das Gebäude A1, das eine Schlüsselrolle im Betrieb der Klinik innehat, umgebaut und der Betrieb bis zum Bezug der Neubauten sichergestellt werden. Die Sanierungsarbeiten beginnen im Sommer 2024.
Für das Wohnheim Eggfeld konnte dank des Sonderkredits ein Provisorium beschafft werden, um den gesetzlichen Vorgaben (Brandschutz) und den Richtlinien des Amtes für Soziales zu entsprechen. Damit werden die Bedingungen für eine unbefristete brandschutztechnische Betriebsbewilligung erfüllt sein. Der geplante Modulbau wird den Bewohnenden eine zeitgemässe Unterkunft mit Einzelzimmern bieten und bis zur Umsetzung der Arealstrategie gute Dienste leisten. Bezugstermin wird im April 2024 sein.
In Rorschach musste aufgrund intensiver Bautätigkeiten im unmittelbaren Umfeld für die bestehenden Angebote ein neuer Standort evaluiert werden. An zentraler Lage konnten eine Liegenschaft für die ambulanten Therapien und gleich daneben neue ideale Räumlichkeiten für die tagesklinischen Therapien gefunden werden. Letztere wurden im August 2023 bezogen.
Der Standort St.Gallen an der Teufenerstrasse verfügt über grosses Potenzial. Die Nachfrage ist ungebrochen hoch und die Angebote wurden in den letzten Jahren stetig ausgebaut. Die Bedarfsprognose des Gesundheitsdepartements St.Gallen aus dem Jahr 2021 weist zudem ein Behandlungswachstum für den Standort St.Gallen aus. Im Sinne einer Angebotserweiterung im ambulanten und tagesklinischen Bereich und eines Angebots von Co-Working-Plätzen für Mitarbeitende wurden frei gewordene Räumlichkeiten im vierten Stock angemietet.
Beim Neubau «Mittlerer Sicherungsbedarf» des kantonalen Kompetenzzentrums Forensik konnte die Baugenehmigung endlich erteilt werden, nachdem die Einsprachen aus der Nachbarschaft abgelehnt wurden. Der Baustart für den Neubau mit 16 stationären Therapieplätzen ist für Mitte 2024 vorgesehen.
Erstes ordentliches Audit im Wohnheim Eggfeld
Erstmals wurde im Wohnheim Eggfeld ein ordentliches Audit durchgeführt. Besonders hervorzuheben sind die Fortschritte im Kulturwandel, der das Wohnheim von einem rein pflegerischen Umfeld zu einem ganzheitlichen Lebensraum für die Bewohnenden transformiert hat. Dies ist ein beachtlicher Erfolg, insbesondere vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die mit der Betreuung dieser spezifischen Bewohnergruppe einhergehen.
Dialog durch Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit gefördert
Um den Dialog mit unseren Anspruchsgruppen wie auch die Entstigmatisierung der Psychiatrie zu fördern, aber auch um Fachkräfte fortzubilden, veranstalteten wir diverse Anlässe an den unterschiedlichen Standorten: Symposium Alterspsychiatrie Pfäfers, St.Galler Symposium, Wiler Tagung Komplementärmedizin, Kunstausstellung Zeit-Geist des Living Museum Wil, Säntis-Psychiatrie-Tagung Wil, diverse Referate und Kurse des Recovery College und der Angehörigenberatung, Donnerstagsweiterbildungen, Qualitätszirkel Psychopharmakologie, Adventsweg Wil und Weihnachtsmarkt Pfäfers. Zudem standen unsere Fachpersonen den Medien häufig für Interviews zur Verfügung.
Ausblick auf das Jahr 2024
Was uns generell fordern wird, sind die begrenzten personellen Ressourcen bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach unseren Leistungen – und dies unter erschwerten finanziellen Rahmenbedingungen. Da wir im Jahr 2023 effizient gearbeitet haben, verfügen wir über die Mittel und den notwendigen Spielraum für die künftige fachliche Entwicklung.
Im Jahr 2024 wird die Harmonisierung der Prozesse weiterhin eines der Hauptthemen sein. Daneben wird uns die Umsetzung der oben erwähnten baulichen Massnahmen an den verschiedenen Standorten unterschiedlich stark fordern. Zu erwähnen ist ebenfalls der Start von Steffi Weidt, der neuen Direktorin Medizin und Psychologie. Sie wird ihre Arbeit im April 2024 aufnehmen. Mit ihr und dem neu zusammengesetzten Verwaltungsrat wird die Geschäftsleitung im Verlauf des Jahres den Strategieprozess für die kommende Periode aufnehmen.
Herzliches Dankeschön an alle Mitarbeitenden
Im Namen der Geschäftsleitung danke ich allen Mitarbeitenden ganz herzlich für die grossartige Leistung und das aussergewöhnliche Engagement zum Wohl der Patientinnen, Patienten, Bewohnerinnen und Bewohner! Gemeinsam haben wir vieles erreicht und zusammen werden wir auch im kommenden Jahr die PSG weiterentwickeln. All unseren Geschäftspartnern danken wir für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit wie auch für ihre Unterstützung.
Niklaus Baumgartner
CEO
Die Geschäftsleitung:
Niklaus Baumgartner, CEO
Karlheinz Pracher, Direktor Zentren Süd, stv. CEO
Angela Brucher, Direktorin Medizin und Psychologie a.i. (ab 1. April 2023)
Carmine Di Nardo, Direktor Pflege, Therapien und Soziale Arbeit
Gordana Heuberger, Direktorin Pfäfers
Esther Linka, Direktorin Wil
Thomas Maier, Direktor Medizin und Psychologie (bis 31. März 2023)
Marcel Roos, Direktor Zentren Nord
Ralf Sonderegger, Direktor Finanzen und Services