«Wir geben in den Kursen des Recovery College Lebens- und Gesundheitskompetenzen weiter, die jeder selber anwenden kann.»
Die Kurse des Bildungsangebots Recovery College bieten Interessierten die Möglichkeit, sich Wissen über die psychische Gesundheit anzueignen. In einem interaktiven Rahmen vermitteln Fachleute und Personen mit eigenen Erfahrungen Strategien, die anschliessend selber angewendet werden können. Im Interview erzählt uns Thomas Lampert, Koordinator Prävention und Angehörigenarbeit, mehr dazu:
Weshalb braucht es neue Angebote, reichen die bestehenden Therapien nicht aus?
Indem wir Menschen nicht in «krank» und «gesund» einteilen, können sie lernen, psychisch gesund zu leben. Der Fokus sollte dabei nicht auf einer psychischen Diagnose liegen, sondern ganz bei sich selber. Denn die Kurse des Recovery College sind keine Therapien, sondern Lernangebote. Daher werden sie auch nicht wie therapeutische Angebote über die Grundversicherung, sondern von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selber finanziert. Bei Erfüllung gewisser finanzieller Bedingungen bieten wir speziell günstige Ansätze an.
Für wen ist das Recovery College St.Gallen?
Unser Recovery College ist offen für alle interessierten Menschen, die sich aktiv und eigenverantwortlich mit bestimmten Themen auseinandersetzen möchten. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie aktuell an einer psychischen Erkrankung leiden oder ob sie eine solche überwunden haben. Auch Angehörige, Fachpersonen oder grundsätzlich Interessierte sind herzlich willkommen.
Was ist das Spezielle an den Kursen des Recovery College?
Hauptsächlich unterscheiden sich unsere Kurse von herkömmlichen Kursen dadurch, dass wir eigene Erfahrungen einbinden. Alle Formate werden dual erarbeitet und durchgeführt: von einer Person mit Erfahrungswissen, beispielsweise aus einer überwundenen psychischen Erkrankung, und von einer Person mit entsprechendem Fachwissen. Nebst einem theoretischen Input steht immer das Lernen miteinander und voneinander im Mittelpunkt. Frontalunterricht tauschen wir also gegen Gruppenarbeiten und regen Austausch aus.
«Die Kurse des Recovery College sind keine Therapien, sondern Lernangebote»
Welche Themen werden behandelt?
Die Themenauswahl der Kurse ist sehr breit und orientiert sich an der psychischen Gesundheit. Wir möchten vermitteln, wie diese erhalten und verbessert werden kann. Zudem geben wir in den Kursen des Recovery College Lebens- und Gesundheitskompetenzen weiter, die jeder selber anwenden kann. Beliebte Kurse im vergangenen Jahr waren beispielsweise:
- «Resilienz – das Immunsystem meiner Seele»
- «Glück – Zufall oder Eigenleistung»
- «Mit Sprache zu persönlicher Klarheit finden»
- «Essstörungen verstehen und bewältigen»
- «Psychisch belastete Eltern und ihre Kinder».
Wo finden die Kurse des Recovery College St.Gallen statt?
Aktuell ist Sargans der Hauptstandort, an dem die Kurse stattfinden. Einzelne Anlässe finden jedoch auch an weiteren Standorten der Psychiatrie St.Gallen statt oder werden gemeinsam mit Kooperationspartnern durchgeführt. Geplant ist, dass die Kurse mittelfristig auch im Raum der Stadt St.Gallen stattfinden. 2022 haben knapp 400 Teilnehmende an 27 Veranstaltungen im Rahmen des Recovery College teilgenommen.
Gibt es schon Erfahrungen und Rückmeldungen aus den Kursen?
Die grösste Herausforderung scheint, das Angebot in der psychiatrischen Versorgung, aber auch in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Dennoch konnten die meisten Kurse durchgeführt werden. Die Teilnehmenden, über ein Viertel waren Fachpersonen, schätzten den persönlichen Raum und die Möglichkeiten zum Austausch.
Weiterführende Informationen und das aktuelle Semesterprogramm finden Sie auf der Homepage der Psychiatrie St.Gallen unter www.psychiatrie-sg.ch/recovery-college.
Autor: Thomas Lampert, Koordinator Prävention und Angehörigenarbeit
Interview: Chantal Kunz, Assistentin Kommunikation und Marketing