Reinhold Meier
Seelsorger, Seelsorge und Ethik
In der historischen Kapelle der Psychiatrie St.Gallen in Pfäfers – in der Klinik St.Pirminsberg – verdichten sich die Grundzüge der uralten Geschichte von der Suche nach Heilung. Schon die Benediktiner im einstigen Kloster haben über Jahrhunderte dem Geheimnis ganzheitlicher GEsundung nachgeforscht, für Leib und Seele, durch Baden und Beten, mit Denken und Fühlen. Die im Jahr 2020 renovierte Kapelle knüpft an die alte Tradition an und verbindet sie mit moderner Spiritualität. Ein Ort des Aufatmens und der liebevollen Achtsamkeit.
Matej Metlikovic (1956) lebt und arbeitet in Ljubljana, seit 1992 freiberuflich. Er stellt seine Bilder, Illustrationen und Glasmalereien regelmässig aus, namentlich in Slowenien, Kroatien, Deutschland, Österreich, Schweiz, Spanien und Kanada. Ferner beteiligt er sich an internationalen Symposien. Ein Schwerpunkt seines Schaffens liegt auf der Gestaltung spiritueller Räume. So hat er Kapellen und Kirchen mit Bildern und Kunstverglasungen, aber auch mit liturgischen Gewändern und Paramenten ausgestattet, vor allem in Deutschland, Kroatien und Slowenien. Das Werk in Pfäfers ist sein erstes in der Schweiz.
Geschmückt wird der Raum seit 2019 durch das moderne Gemälde PARADIESLEITER. Es konzentriert die Wahrnehmung und öffnet die Sinne für die Spiritualität, - an diesem Kraftort im alten Kloster mit seiner erhebenden Kreuzkuppel und ihren schützenden Wänden, hoch über der Schlucht des Heilwassers der Tamina, inmitten der steilen Alpen des St. Galler Oberlandes, an der historischen Porta Romana.
Diese alpine, kulturelle und historische Umgebung hat die vertikale Komposition des Bildes vom slowenischen Künstler Matej Metlikovic inspiriert. Aber auch die Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen ihrer Besucherinnen und Besucher: So erzählt es von der Liebe, von Freude, Sehnsucht und Schmerz, von Enthusiasmus und Reife. So wie im Gedicht Vers auf Vers folgt, besteht das Werk aus einer Reihe übereinander geschichteter Bilder. So bildet es eine Regenbogenleiter zwischen Himmel und Erde.
Die einzelnen Bilder zeigen Schritte des Zu-Sich-Kommens, dessen Kraft aus der Tiefe sprudelt, um dann im Schlag des Herzens, wie ein Vogel am Himmel dem goldenen Sonnenkreis entgegenzufliegen, der Quelle des göttlichen Lichts.
Die auf Holzplatten gemalte Komposition spricht zeitgenössische Kunstsprache und zeigt zugleich Bezüge zur uralten Tradition sakraler Kirchenmalerei. Die archetypischen biblischen Motive, symbolisiert in den prägenden grafischen Linien, tragen dazu bei: Vom Geist Gottes, der zu Beginn aller Schöpfung über den Urwassern schwebt, zur Begegnung im Garten des Paradieses, bis zum Engel, der die mystische Leiter hinabsteigt, zu jedem, der ihm begegnet.
Die sieben Ebenen des Bildes erzählen von den Ebenen menschlichen Erlebens, von Hoch und Tief, von Halt und Loslassen, von Licht und Dunkel, von Schöpfung und Aufblühen des Lebens. Dabei knüpfen die sieben Bildebenen an die Wurzeln der christlichen Spiritualität an, bleiben aber offen für Menschen anderer oder keiner Religion.
Golden und transzendent scheint die Sonne der Erleuchtung. Der Lebensvogel wird davongetragen, leicht wie der Schutzengel der Heiligkeit meines Lebens. Er erinnert an den ersten Schöpfungsmorgen, Gottes Geist über den Wassern, Inspiration für den Alltag.
Die Engel waren für den Dichter Rainer Maria Rilke, der diesen Ort einst besuchte, «Seelenvögel». Verbunden mit unbändiger Freiheit und Entfaltungsfähigkeit, die jedem Geschöpf innewohnt. Das kann beflügeln, sich dem Heiligen anzuvertrauen und begeistern zu lassen.
Die Hände nach oben, den Blick gen Himmel: Woher kommt mir Hilfe? Die Haltung dieses Menschen zeigt nicht nur Sehnsucht, auch Jubel und Freude. Liegt im «Sich-Verzehren» der Keim des Überwindens? Die Taube Noahs hat das Wunder des fruchtbaren Bodens entdeckt.
Dieses Bild lebt von der Energie des Sozialen. In der Begegnung entsteht Spannung, Energie, Respekt. Sich öffnen, einander wahrnehmen, ernstnehmen und aushalten. Das Gegenüber im Licht der Sonne sehen. Die segnende Hand bewahrt vor Verletzung und Rückzug.
Offene Herzen sind das Geheimnis der Selbsterkenntnis. Auch da, wo einer in sich verborgen bleibt. Das vertiefte Antlitz nebenan erzählt es. Es lässt Verlassenheit spüren und spiegelt zugleich die wohltuende Seite der Einkehr, Zu-Sich-kommen. Beides ist miteinander verwoben.
Saftiges Grün, Pflanze und Tier. Harmonie der Schöpfung, Hoffnung auf Einklang mit sich selbst. Schon die blosse Schöpfungsordnung gibt Hoffnung auf Ordnung der Lebenskräfte in einem Menschen. Wie ein Hirsch nach Wasser schreit, ruft die Seele nach Gott.
Die Tiefe des Erlebens, untergegangen, wie versunken unter Wellen. Doch in der Schlucht quillt Heilwasser. Die Flamme der Inspiration ist entfacht. Quelle des Lebens, die nicht versiegt, glimmender Docht, der nicht erlischt, das ist die hoffnungsvolle Seite der grossen Tiefe.
Wir laden Sie zudem dazu ein, den Rundweg um die Klinik St. Pirminsberg zu gehen... sich treiben lassen, aufatmen und geniessen.
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